Oshowski Andreas Fastenzeit für Arbeitgeber
Lässige und tiefgründige Arbeit?
Vor kurzem sagte ein namhafter Salzburger zu mir: „Demnächst müssen wir zu den Bewerbern auf dem Arbeitsmarkt ins Wohnzimmer zum Bewerbungsgespräch fahren.“ Der Arbeitsmarkt hat sich gedreht, die Zeit eindeutiger Hierarchien könnte vorbei sein. „Nicht mehr die Unternehmen geben bei Stellenbesetzungen den Ton an, sondern die Arbeitnehmer und Bewerber.“,1 deutet Wolfgang Mayrhofer, Experte für Personalwesen an der Wirtschaftsuniversität Wien an. Galt früher noch:
Erschwert man den Leuten die Arbeit, dann sind sie beschäftigt und kümmern sich nicht um leeres Geschwätz.Die Bibel (Buch Exodus, 5,9)
(ein alttestamentlicher Satz, der sich bis heute bei manchem Arbeitsgeber gehalten hat! – Kein Witz!) - Der Experte warnt auf der anderen Seite allerdings auch: „Zum Teil gehen die Jüngeren mit überhöhten Ansprüchen in die Arbeitswelt, als würde die ganze Welt nur auf sie warten. So ist es auch wieder nicht.“2 Sehr häufig sind Extreme dem Menschen wenig dienlich. Ein klassisches katholisches ‚Sowohl-als-auch‘ – hätte man früher gesagt – dient dem Menschen am ehesten.
Wer lässig ist bei seiner Arbeit, ist schon ein Bruder dessen, der zerstört.Die Bibel (Buch der Sprichwörter, 18,95)
Nun müssen sich Lässigkeit und tiefgründige Arbeit nicht unbedingt widersprechen. Aber Lässigkeit ALLEINE oder AUSSCHLIESSLICH ‚Erschwerung der Arbeit‘ werden unserem menschlichen Zusammenleben wenig dienen. Vor diesem Hintergrund mögen mir Bewerbungsgespräche in Wohnzimmern erspart bleiben. ‚Darf‘s a Verlängerter oder a Cappuchino sein?‘ Katholisch kann nicht extrem! (außer in der Liebe…) Die Fastenzeit für Arbeitgeber scheint trotzdem angebrochen…
Der Gedanke, der mich heute bewegt
Es könnte gut biblisch begründet sein, dass ich tiefe innere Widerstände verspüre, wenn Menschen unter ihren Möglichkeiten bleiben…
1 Wolfgang Mayrhofer, Ein neuer Job wie er mir passt, Salzburger Nachrichten, 06.Februar 2023, S.13
2 Wolfgang Mayrhofer, ebd.
